Östringen 1870 bis 1963

Ein Beitrag zur Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte von Dr. Hans-Bernd Meier

 

Prolog

 

Als Ende 1963 der Spatenstich zur Errichtung des ICI-Faserwerkes erfolgte, war das nicht nur die klassische symbolische Handlung für den Beginn eines Bauprojektes. Es war mehr:  Es war auch eine Disruption des örtlichen Wirtschafts- und Soziallebens. Die, vor allem aus Sicht der jüngeren Bevölkerung, allerdings dringend nötig war.

Östringen war, aus historischer Perspektive, mit einem Sprung in der sozialökonomischen Moderne gelandet. Zwar dauerte es einige Zeit, bis das Werk in vollem Betrieb war.  Aber was sind ein paar Jahre, gegenüber den mehr als 6 Jahrzehnten, die der Ort ökonomisch nicht vorangekommen war?

 

Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung dieser Jahrzehnte sollen in der Folge näher erläutert werden. Zeitlich geht es um die in den 1870er Jahren einsetzende Hochindustrialisierung und die damit verbundenen Modernisierungsprozesse und sozioökonomischen Veränderungen im Allgemeinen und in Östringen im Besonderen. Durch einen Blick auf die Bevölkerungsentwicklung und die Verschiebungen in den Erwerbspersonenanteilen in den drei Wirtschaftssektoren (Landwirtschaft, Gewerbe/Industrie, Dienstleistungen) sollen diese Veränderungen verdeutlicht werden.[1] Die zum Teil statistischen Betrachtungen werden angereichert mit Ereignissen aus dem Östringer Politik-, Wirtschafts- und Sozialleben. Und natürlich hat auch die wirtschaftliche und politische Entwicklung in der Region, in Baden und in Deutschland ihren Einfluss auf das Leben der Östringer gehabt.

 

Ein Lagebild

„Bis zum Kriegsausbruch 1914 hatte sich unser Ort, aufgrund seiner gut entwickelten Zigarrenindustrie, zu einem wohlhabenden Marktflecken entwickelt.“[2] So schildert Rudi Waas die Situation Östringens um 1910. Er hatte, im Auftrag des Rates, das Bürgerbuch studiert, dazu Ratsprotokolle, Gewerberegister und andere zeitgenössische Unterlagen.

Ganz anders ein Bericht zur Situation der Östringer Zigarrenarbeiter:innen Ende der 1920er Jahre. Eine typische Familiensituation:

Der Ehemann ist 54 Jahre alt, die Frau 38. Der Mann geht in die Fabrik und ist Zigarrenmacher; sie geht nicht in die Fabrik, da sie kleine Kinder hat und es für sie wirtschaftlicher ist, wenn sie ihre Kinder selbst hütet. Es sind fünf Kinder vor­handen im Alter von 18, 16,  6 , 4 Jahren und eines von 2 Monaten. Die beiden ältesten Mädchen gehen auch in die Zigarrenfabrik. Die Familie besitzt ein klei­nes Haus, muß aber Steuer und Umlage bezahlen. Der Mann verdient 13 bis 14 Mk. in der Woche; jedes der beiden Mädchen 9-10 Mk. Er arbeitet schon acht Monate 32 Stunden in der Woche. Für das Nötigste sind die Schulden vorhan­den. Der Mann betreibt noch nebenbei etwas Landwirtschaft und besitzt zwei Stück Großvieh; für dieses muß er jährlich für 90 Mk. Heugras und für 30 Mk. Stroh kaufen, ferner muß noch Viehversicherung bezahlt werden. Außerdem ist er verpflichtet, für den Unterhalt seiner 80 jährigen Mutter, die bei seinem Bru­der wohnt, aufzukommen.
Die Wohnverhältnisse der Familie sind sehr dürftig. Sie bestehen aus einem Raum, der durch Schränke in Wohn- und Schlafraum getrennt ist, in der einen Hälfte steht ein Bett und in der anderen zwei Betten, dazu für die beiden Kleinen eine Kinderwiege und ein Kinderwagen. Mehr Schlafgelegenheit gibt es nicht für diese sieben Personen. Der eigentliche Schlafraum ist sehr feucht, denn von hier aus geht es am Boden in den Keller. Es ist hier schon eine sehr kellerhafte Luft und im Winter äußerst zugig und kalt. Das Geweißelte an den Wänden ist stark abgefallen, sonst ist die Wohnung sehr sauber und da drei Fenster vorhanden sind, nicht dunkel. Die Küche ist ein dunkler, kleiner Raum.
An Kleider und Wäsche besteht Mangel, besonders an Bettwäsche, da der Haushalt schon älter und zu Neuanschaffung kein Geld vorhanden ist. Die Frau und Mädchen nähen ihre Kleider selbst; die kleineren Kinder bekommen ihre Kleidungsstücke geschenkt.
Auch hier finden wir die übliche Nahrung vor. Die Kinder bekommen viel Milch, Most ist keiner vorhanden.
Die gesundheitlichen Verhältnisse sind gut. Die Kinder sehen gut aus. Zeitungen werden keine gehalten.
Jede Einnahme wird zur Befriedigung der Existenzbedürfnisse verwendet, zur Befriedigung von Kulturbedürfnissen mangelt es an Geld. Die Lage der Familie geht stets abwärts, was den Mann sehr bekümmert.“   
Die Familie besitzt 50Ar Pachtland und 30Ar Eigenland. Es wird hauptsächlich Getreide und Kartoffel gepflanzt. Da der Betrieb des Arbeiters manche Kosten verursacht, wäre es für ihn rentabler, seine Viehzahl einzuschränken und seinen Betrieb zu verkleinern. Zur Zeit aber bei der Kurzarbeit ist für ihn sein landwirt­schaftlicher Betrieb zu Ausnützung der Arbeitskräfte sehr wertvoll. Nach der Fabrikarbeit besorgen ihn Mann und Frau gemeinsam. Zur Zeit der Ernte nimmt der Mann ein paar Tage Urlaub.“
[3]

Handelte es sich hier um einen Einzelfall? Was war passiert? Was machte aus einem prosperierenden Marktflecken ein wirtschaftliches und soziales Notstandsgebiet? Und wie ging es weiter?

 

[1]  Dieser Beitrag konzentriert sich auf zwei Merkmale zur Darstellung von Modernisierungsprozessen im sozialen und wirtschaftlichen Umfeld: der Bevölkerungsentwicklung und der Verschiebung der Beschäftigtenanteile vom landwirtschaftlichen in den gewerblich-industriellen sowie den Dienstleistungsbereich. Natürlich gibt es viele weitere Indikatoren sozialen und ökonomischen Fortschritts, z.B. die Entwicklung der Infrastruktur (Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Schulen, Straßen- und Eisenbahnbau etc.).

[2]  Waas, S. 66f.

[3]  Hofmann, S. 173f. mit weiteren Berichten. Die Rechtschreibung wurde beibehalten.

 

Die Bevölkerungsentwicklung – ein Überblick

Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Östringen nach Stadt Bruchsal über Jahrzehnte nach Einwohnern zweitgrößter Ort des Kreises Bruchsal. Zum Ende des Jahrhunderts, in der Hochphase der zweiten Industriellen Revolution (Chemie-, Pharma-, Elektroindustrie), aber fiel der Ort immer weiter zurück: um 1900 auf Platz vier (nach Wiesental und Oberhausen), um 1910 dann auf Rang 5 (jetzt auch hinter Kirrlach). 
Zwar wuchs auch die Bevölkerung Östringens zwischen 1890 (2896 Einwohner) und dem Beginn des 2. Weltkrieges 1939 (3.628 Einwohner). Aber in den anderen genannten Orten war das Bevölkerungswachstum deutlich dynamischer.

Daran änderte sich auch nach dem 2. Weltkrieg nichts. Der dramatische Zustrom von mehr als 10 Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen sorgte bis 1965 in den meisten Orten der jungen Bundesrepublik für einen abrupten und drastischen Bevölkerungsanstieg. Östringen hatte jetzt 5.225 Einwohner, fast eine Verdoppelung – und war trotzdem auf den 6. Rang im Kreis Bruchsal zurückgefallen.  Was waren die Gründe für das im Vergleich zu Wiesental, Oberhausen und Kirrlach verlangsamte Bevölkerungswachstum Östringens? Und: sagt dieses verlangsamte Bevölkerungswachstum etwas über die wirtschaftliche Entwicklung des Ortes aus?

 

Bevölkerungsentwicklung 1855 - 1965[4]

Quelle: s. Anhang Tabelle Bevölkerungsentwicklung

 [4]  Zu den Zahlen s. die Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung im Anhang.

  

Östringen und der demografische Übergang

Die Jahrzehnte der Hochindustrialisierung, also die Jahre ab etwa 1870, gelten in der Bevölkerungsgeschichte als Zeit des demografischen Übergangs von der agrarisch-vorindustriellen zur industriellen Bevölkerungsweise. Kurz gesagt: Des Übergangs von hohen zu niedrigen Geburten- und Sterberaten. In Deutschland ein Zeitraum von ca. 70 Jahren (1870 – 1940).[5] Allerdings verlief dieser Übergang bei Geburten- und Sterberaten zeitlich nicht parallel, sondern versetzt: zuerst gingen die Sterberaten zurück (ca. 1840-1910) und erst danach auch die Geburtenraten. Während der hier betrachteten Jahrzehnte  von 1870 bis 1914 (1. Weltkrieg) öffnete sich also eine Schere zwischen Geburten- und Sterberate. Es kam zu einer, zum Teil drastischen, Bevölkerungszunahme. Das Angebot an Arbeitsmöglichkeiten hielt, trotz Hochindustrialisierung, damit nicht Schritt. Eine zunehmende Proletarisierung bzw. Verarmung der unteren Bevölkerungsschichten, nicht nur in den neuen industriellen Zentren, z.B. Mannheim oder Bruchsal, sondern auch in den ländlichen Regionen war die Folge. Auch die drastisch zunehmenden Auswanderungswellen zwischen 1845 und 1885, vor allem in die USA, änderten daran nichts.[6] 

Die vorindustrielle Bevölkerungsweise wurde im Wesentlichen und auch in Östringen durch zwei Bedingungen beeinflusst. Zum einen regulierte die weitgehend agrarisch dominierte Wirtschaftsweise die Geburten-, Heirats- und Sterblichkeitsentwicklung. Wesentliches Kennzeichen war eine rigide Handhabung der Erlaubnis zur Heirat und Familiengründung. Voraussetzung für eine Eheerlaubnis war eine ausreichende Nahrungsgrundlage der Familie. Verweigerungen der Eheerlaubnis durch die Kirche bzw. Gemeinde bei nicht ausreichendem Vermögen waren üblich, auch in Östringen, wie Ratsprotokolle um 1840 belegen.[7] Zum anderen normierte die christliche Sozialethik eine hohe eheliche Fruchtbarkeit mit hohen Geburtenraten. In überwiegend katholischen Regionen z.B. das Verbot der Empfängnisverhütung (außer durch Enthaltsamkeit).

Die Nachkommen waren die Träger der sozialen Absicherung. Den hohen Geburtenraten stand eine hohe Sterblichkeit gegenüber, insbesondere bei Säuglingen und Kindern. Insgesamt war die statistische Lebenserwartung gering, um 1850 um 40 Jahre.[8] Verursacht durch schlechte, ungesunde Wohnverhältnisse, ungenügende Hygiene, mangelnde medizinische Versorgung und Bildung, insbesondere für die ärmeren Bevölkerungsschichten und eine prekäre bzw. unsichere, in Krisenzeiten schnell lebensbedrohliche Ernährungslage und, nicht zu vergessen, harte Arbeitsbedingungen. Das Ergebnis war eine Stagnation oder ein nur geringes Bevölkerungswachstum als Kennzeichen agrarisch dominierter Regionen. Diese Einflussfaktoren haben auch in Östringen gewirkt, und zwar länger als in Orten mit industrieller Entwicklung, wie z.B. in Wiesental (Zuckerfabrik) oder solchen Orten, die verkehrstechnisch günstig lagen, um zu industriellen Arbeitsplätzen in der näheren Umgebung oder in Mannheim, Karlsruhe oder Bruchsal zu kommen. [9]  Zwischen 1855 und 1925 nahm die Bevölkerung in Östringen pro Jahr durchschnittlich um 0,4% zu, in den industrialisierten oder eisenbahnnahen Orten dagegen um über ein Prozent (z.B. Kirrlach um 1,2%, Wiesental um 1,8%), teilweise über zwei Prozent (Rheinhausen 2,1%, Philippsburg 2,03%).[10] Die agrarische Bevölkerungsweise wirkte also in Östringen länger.

Diese agrarische Bevölkerungsweise änderte sich langsam aber grundlegend in der zweiten Hälfte, vor allem aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der Versuch Bismarcks, den zunehmenden politischen Einfluss der Sozialdemokraten zu begrenzen, führte zu Gesetzen zur Kranken- und Unfallversicherung (1883/84) und zur Invalidität und Altersversorgung. Und  nicht zuletzt brachten Fortschritte in der Medizin, bessere Hygiene (Hebammenausbildung, bessere Schul- und Mädchenfortbildung, Bau von Kanalisation und Wasserleitungen etc.) zu einer verminderten (Kinder-)Sterblichkeit. Diese Entwicklung lässt sich auch in Östringen beobachten. Stichworte: Hebammenausbildung, Einrichtung einer Mädchenfortbildung, die Kirche richtete Schwesternstationen und eine Kleinkindschule ein, es gab Betriebskrankenkassen in den örtlichen Tabak- und Zigarrenmanufakturen.[11] Die daraus resultierende höhere Lebenserwartung ging allerdings, wie gesagt, zeitlich nicht parallel mit einer nachlassenden Geburtenrate. Der Rückgang der Sterblichkeit bei gleichbleibend hoher Geburtenrate führte industrienahen Orten zu einem starken Bevölkerungswachstum, in Östringen blieb das Wachstum schwach. 

 

[5]  https://de.wikipedia.org/wiki/Demografischer_%C3%9Cbergang

[6]  Zur Auswanderung aus Östringen vgl. Brauch, S. 241ff. mit Namenslisten.  Zum Bezirk Bruchsal Hofmann, S. 4ff. Eine sozialhistorische Studie zur Östringer Auswanderung fehlt. Ein Überblick zu Deutschland z.B. bei Marschalck.

[7]  Beispiele bei Waas, S. 40, u.a.  Andreas Hammer, Witwer aus Östringen und Johanna Göbel aus Obergimpern bekommen 1844 keine Heiratserlaubnis, weil sie mit 400fl zu wenig Vermögen haben und „doch bald der Gemeinde zur Last fallen.“ Die Östringer Waldhüter verdienten in diesen Jahren 120 Gulden pro Jahr, Waas, S. 41. um 1900 dann 330-400 M, S. 50.

[8]  https://de.statista.com/statistik/daten/studie/185394/umfrage/entwicklung-der-lebenserwartung-nach-geschlecht/

[9]  Brauch beschreibt die Östringer Lebensumstände, S. 332ff.

[10]  Hofmann, S. 7.

[11]  Details bei Brauch, S. 330ff., insbes. S. 337ff.

 

Die (Östringer) Wirtschaft am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts

 

Die Geschichte ….

Mit Blick auf die Wirtschaft waren die Jahrzehnte von 1870 bis zum Ersten Weltkrieg eine Boomzeit, zwar von Krisen unterbrochen, aber insgesamt Jahre drastischer technologischer, ökonomischer und sozialer Umbrüche und Umwälzungen. Örtlich bzw. regional allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. Betrachtet man die Umbrüche aus heutiger Sicht, sind sie durchaus vergleichbar mit den technologischen Auswirkungen der Digitalisierung und des Internets seit den 1980er Jahren.

Die nach dem gewonnen Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 von Frankreich gezahlten 6 Mrd. Goldfranken Reparationen wirkten wie eine massive Konjunkturspritze für das neu gegründete Deutschen Reich. Die Zeit der Hochindustrialisierung begann. Leitsektoren waren neben dem Eisenbahnbau der Berg- und Straßenbau sowie der Maschinenbau. Berlin wandelte sich in diesen Jahrzehnten von einer preußischen Provinzhauptstadt zu einer Weltstadt. Anders als während der Frühindustrialisierung wurde die Hochindustriali­sierung durch starke regionale Entwicklungen geprägt. Mannheim, Ludwighafen, Karlsruhe, aber auch Bruchsal und anderen Klein- und Mittelstädten wandelten sich zu industriellen Zentren.[12]

Die überhitzte Boomkonjunktur der sogenannten Gründerjahre ab 1871 war nur von kurzer Dauer.  Bereits eine Woche nach Eröffnung der Weltausstellung in Wien platze am 9. Mai 1873 die von den Kriegsreparationen angeheizte Spekulationsblase. Der „Gründerkrach“ an der Wiener Börse wuchs sich zu einer internationalen Banken- und Wirtschaftskrise aus. Die Berliner Börse erlebte im Oktober ihren bis dahin größten Kurssturz. Was folgte war eine jahrelange Stagnation mit deflationären Tendenzen. Kleinere konjunkturelle Aufschwünge konnten sich nicht durchsetzen. Erst die zweite Industrielle Revolution durch die Chemie-, Pharma- und Elektroindustrie ab Ende der 1880er Jahre leitete einen neuen, sich selbst tragenden Wirtschaftaufschwung ein, der bis zum Ersten Weltkrieg anhielt.[13] Deutschland entwickelte sich in diesen Jahrzehnten von einem „Agrarstaat mit starker Industrie zu einem Industriestaat mit starker agrarischer Basis: Ende der 1880er Jahre überflügelte der Sekundärbereich (Bergbau, Industrie, Handwerk) den Primärbereich (Landwirtschaft, Forsten, Fischerei) in der Wertschöpfung und im ersten Jahrfünft des 20. Jahrhunderts auch in der Beschäftigtenzahl…“[14] Die bisher unterschiedlichen Währungen im Deutschen Reich, in Südwestdeutschland der süddeutsche Gulden/Florin (fl), wurden nach und nach durch Mark und Pfenning ersetzt. Auch Östringen modernisierte sich in diesen Jahren. Es wurden Straßen ge- oder ausgebaut, Kanalisation, Strom- und Wasser- und Abwasserleitungen (ab 1878) verbesserten nach und nach die Arbeitsbedingungen und die häusliche Hygiene. [15]

Aber die Wertschöpfung der Östringer Wirtschaft beruhte nach wie vor wesentlich auf der Landwirtschaft und, vor allem, der Zigarrenfabrikation. Die regionale Landwirtschaft hatte ein Strukturproblem: sie litt unter einer kleinparzelligen Besitzstruktur. Tabakanbau war auf kleinen Flächen möglich und war, ähnlich wie beim Hopfen, weit rentabler als Getreide- oder Kartoffelanbau, bedurfte allerdings einer intensiven Bearbeitung („Der Tabak will seinen Besitzer sehen“).[16]

Wesentlicher Treiber der regionalen Modernisierung und des wirtschaftlichen Wachstums war der Eisenbahnbau, vor allem für die streckennah liegenden Orte. Bereits in den 1840er Jahren begann der Bau der Strecke Mannheim - Basel als Konkurrenz zur Strecke Basel - Straßburg. Der Badener Landtag wusste um die wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahn und befürchtete eine Verlagerung der Verkehrsströme auf die linksrheinische Seite. In der Tat entwickelte sich ein heftiger Wettbewerb mit der Elsässischen Bahn, der sich bis zum Ersten Weltkrieg hinzog. Als nach dem 1. Weltkrieg das Elsass gemäß Versailler Vertrag an Frankreich zurück fiel, fuhren alle Züge über die badische Haupt­bahnstrecke.
Nach dem Bau der Teilstrecke Mannheim – Heidelberg ging es nach Süden, Heidelberg-Bruchsal-Karlsruhe und weiter Richtung Basel. Ab 1863 verkehrten tägliche Schnellzüge zwischen Mannheim und Konstanz.  Da diese Strecke schnell überlastet war und Mann­heim eine direkte Verbindung nach Süden bevorzugte, wurde eine Entlastungsstrecke (Rheinbahn) über Schwetzingen gebaut, die 1870 eröffnet wurde.[17]

Bruchsal war bereits in den 1850er Jahren in den Nord-Süd sowie Ost-West-Verkehr eingebunden. Und 1874/77 kam aus militärstrategischen Gründen die Trasse Bruchsal-Graben-Neudorf – Rheinsheim-Germersheim dazu.[18] Die für die Region wichtige Kraichgaubahn wurde in wesentlichen Teilstrecken (Eppingen – Bretten – Heilbronn) zwischen 1876 und 1880 gebaut und in den folgenden Jahrzehnten weiter ausgebaut.[19]

Östringen lag weder an Haupt- noch Nebenstrecken. Auch die Katzbachbahn, 1896 eröffnet, von Bruchsal über Odenheim nach Hilsbach (1900), führte zu weit an Östringen vorbei.[20] Die Entfernung für Arbeitspendler, damals noch zu Fuß unterwegs, war zu zeitaufwändig. Ein Blick auf die Pendlerzahlen der Badischen Gemeindestatistik (nur Auspendler) zeigt die Wirkung der Bahnhöfe:  Wiesental hatte 294 Auspendler, Neuthard 228, Oberhausen 195, Rheinhausen 139, Forst 127 … und Östringen 13!

Letztendlich brachte der Eisenbahnbau wirtschaftliche Vorteile für Odenheim, aber keine neuen Arbeitsmöglichkeiten für Östringen. Das war den  Östringer Ortsoberen klar. Ihre Versuche, begonnen um 1898/99, eine Anbindung an die Hauptstrecke bei Mingolsheim/Langenbrücken zu erreichen, schlugen allerdings fehl, bzw. kamen zu spät. Erst in der Hochkonjunkturphase 1907/8 war der Gemeinderat bereit, 80.000 Mark und Östringer Gelände für einen Anschluss nach Mingolsheim zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung: es gibt einen „angemessenen Staatszuschuss“.[21] Dazu ist es offenbar nicht gekommen, was aber in diesen Jahren der Hochkonjunktur (noch) keine gravieren­den Auswirkungen für das Östringer Wirtschaftsleben hatte, jedenfalls keine offensichtli­chen. Der Ort hatte sich zu einem Zentrum der Tabak- und Zigarrenindustrie entwickelt und der Ortsrat beschäftigte sich um 1905 erneut mit der Einrichtung eines Kurbades, was wohl erfolgver­sprechender schien.[22]

 

Östringer „Industriebauern“

In den Jahrzehnten der Hochindustrteilige Erwerbs- und Eigentumsstruktur diese Art der Nebenerwerbslandwirtschaft. Männer und (unverheiratete) Frauen und Mädchen verdingteialisierung entwickelte sich in Baden eine Lebens- und Arbeitsform, die als „Industriebauerntum“ bezeichnet wird.[23]  Im Kraichgau erzwang die kleinn sich als Fabrikarbei­ter:innen, in Östringen wie in den Nachbarorten überwiegend in der Tabak- und Zigarren­industrie.[24] Heimarbeit war möglich und angesichts niedriger Löhne - insbesondere für Frauen und Kinder und gesundheitlich Geschädigte – auch nötig.[25] Die Ehefrauen kümmerten sich um Felder, Nutztiere und die Familie, 14-15-stündige Arbeitstage waren für Nebenerwerbslandwirte eher Regel als Ausnahme.  Auch die Kinder mussten, anstatt zur Schule zu gehen und obwohl Kinderar­beit verboten war, häufig mithelfen, in der Erntezeit sowieso.[26] Teilweise entwickelten sich aus der Zigarren-Heimproduktion von Frauen geführte Kleinbetriebe.[27] Darüber hinaus hatte die Fabrikarbeit einen – ungewollten – Modernisierungs- und Emanzipationseffekt: sie sorgte für eine schrittweise Auflösung der traditionellen bäuerlichen Familien- und Sozialstruktur. Junge Erwachsene beiderlei Geschlechts verdienten in der Zigarrenfertigung genug Geld (aus ihrer Sicht), um eine Familie zu gründen – was die Geburtenzahl weiter erhöhte. Ein weiterer ungewollter Effekt der Manufakturarbeit zeigte sich in vielfachen Beschwerden der Ortsobrigkeit und Geistlichkeit, die eine „zunehmende Verwilderung und Zuchtlosigkeit der Arbeiterjugend“ beklagten.[28]. Die durch die Manufakturlöhne, so gering sie auch waren, ermöglichte finanzielle Selbständigkeit führte zu (alkoholischen) Ausschweifungen und Wochenend­vergnügungen.

Das Leben der Industriebauern war prekär, d.h. sie waren vielfachen Einflüssen ausgesetzt, gegen die sie kaum etwas unternehmen konnten: Wetterprobleme beim Anbau, Missernten, Pilze, schlechte Bezahlung, Preisschwankungen bei Tabak oder Zigarren usw. Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln, z.B. Kartoffeln, bedeuteten oft Not und Mangelernährung. Selbst der Besitz von (Garten-)grundstücken schützte nicht vor Armut. Der ohnehin kleinparzellige Grundbesitz schrumpfte infolge des Bevölkerungs-wachstums immer weiter. Östringen und die Region hatten neben dem ‚Klumpenrisiko‘ der Zigarrenherstellung auch hier ein strukturelles Problem: das Erbrecht. Es herrschte Realteilung beim Erbgang. Viele Familien waren gezwungen, neben den Allmendanteilen Äcker, Wiesen und Gärten hinzu zu pachten. Das aber war oft unwirtschaftlich, weil schwierig zu ‚managen‘: Saatgut, Dünger, Dung musste gekauft werden, die Allmend- oder Pachtgrundstücke lagen z.T. weit außerhalb. Fuhrwerke für die Ernte mussten geliehen und Dünger gekauft werden, ebenso Winterfutter für das Vieh. Hinzu kam die Abstimmung mit den Besitzern der Nachbargrundstücke (Streifenflur). Die meisten Tabakarbeiterfamilien in Östringen hatten in den 1920er Jahren nur kleinen (bis 29ar, 206 Familien mit 760 Angehörigen) oder geringen Grundbesitz (30-60ar, 83 Familien mit 318 Angehörigen). Die Parzellengröße war zu gering für eine eigenständige bäuerliche Existenz. Man war gezwungenermaßen Industriebauer. Immerhin: Landbesitz war wichtig für das Sozialprestige, auch wenn der wirtschaftliche Nutzen kleiner Parzellen fragwürdig war. Auch Industriearbeiter strebten nach Landbesitz, allerdings nur so viel, wie Frau und Kinder bewirtschaften konnten.[29] Ob Industriearbeiter oder Zigarrenarbeiter, die Familie bildete eine hausindustrielle Arbeitsgemeinschaft.

 

Die Geschichte … und die Zahlen dahinter

Die statistische „Vogelperspektive“ zeigt, dass Östringen um die Jahrhundertwende in der Tat auf dem Weg zum Industrieort mit starker agrarischer Basis war – zumindest auf den ersten Blick. Im sekundären Wirtschaftsbereich (Industrie/Gewerbe) waren mehr Er­werbstätige beschäftigt (48,1%) als im primären Sektor (Landwirtschaft, 41,3%).

Schaut man allerdings genauer hin, täuscht der Eindruck. Östringen war nicht auf dem Weg zum Industriestandort mit starker agrarischer Basis. Vorschub leistet einem solchen Eindruck zum einen eine ebenso gängige wie unreflektierte Nutzung des Begriffs „Zigarrenindustrie“. Die fabrikmäßige Zigarrenproduktion wird geläufig als Zigarrenindustrie, die Fabriken als Zigarrenfabrik tituliert. Diese Bezeichnung ist allerdings irreführend. Die Zigarrenherstellung war keine automatisierte, getaktete industrielle Produktionsform mit differenzierter Arbeitsteilung und unter Einsatz von (Kraft-)Maschinen. Es war Manufakturarbeit, also Handarbeit (Manus = Hand). Die Produktion fand in Zigarrenmanufakturen statt, mit geringer Arbeitsteilung, wenngleich in der Masse fabrikmäßig organisiert. Und – häufig - in Heimarbeit.[30] Tätig waren in der Mehrzahl (junge) Frauen. 1903 waren in Östringen von 755 Beschäftigten in den 10 größten Fabriken 476 Frauen.[31]

Um 1910 gab es im Ort neben den 10 Fabriken viele kleine Familienbetriebe mit insgesamt 1.100 Arbeiter:innen.[32] Die Betreiber bzw. Eigentümer der großen Zigarren-fabriken waren nicht ortsansässig. Der Grund für ihre Anwesenheit in Östringen bzw. der Region: die Löhne waren niedrig, die der Frauen und Mädchen noch niedriger. Der Ort war, wie die Region, ein Niedriglohngebiet. Die Konstellation aus Industriebauerntum, Realteilung, Bevölkerungswachstum und mangelhafter Verkehrsanbindung ermöglichte ein Lohnniveau, dass für Zigarrenproduzenten interessant war.  Ihr Investitionsinteresse beschränkte sich auf die Tabakverarbeitung. Vielleicht ist das ein wesentlicher Grund, warum in Östringen nicht genügend Investitionen zusammen kamen für z.B. die Errichtung eines Solebades oder den Anschluss ans Eisenbahnetz.

Vergleicht man die Östringer Zahlen mit jenen von Waghäusl/Wiesental (mit einer ähnlichen Zahl Erwerbstätiger) sowie dem Bezirk Bruchsal, zeigt sich das ökonomische Gefährdungspotential. In Waghäusl/Wiesental war die die gewerblich-industrielle Ent-wicklung noch weniger stark ausgeprägt: Industrie und Gewerbe beschäftigten 22,2% der

1895: Erwerbstätige (ET) nach Wirtschaftsbereichen im Orts- und Bezirksvergleich

 

Quelle: siehe Anhang Statistik 1895 sowie eigene Berechungen 
Nur die Erhebung von 1895 listet Zahlen für das Nahrungs/Genußmittelgewerbe
ET = Erwerbstätige (alle 15-65jährigen mit einem Arbeitplatz). Der Unterschied zwischen ET und EP (s. Tabelle zu 1960/61) wird hier vernachlässigt, weil 1895 ET und EP weitgehend identisch gewesen sein dürften: Im Familienverbund arbeiteten alle Familienangehörigen mit

 

Erwerbstätigen gegenüber dem primären Bereich, der Landwirtschaft, mit 52,7%. Auch der Bezirk Bruchsal war weniger gewerblich geprägt (Ind/Gew 30,1%, primärer Sektor 51,2%). Schaut man allerdings genauer hin, muss man feststellen: Der Übergang zu mehr Industrie war in Östringen und auch noch auf Bezirksebene kein qualitativer Wandel, keine Modernisierung durch neue Gewerbe, z.B. im Metall- oder Baubereich oder den neuen Industrien. Vielmehr handelte es sich um eine quantitative Ausweitung der vorhandenen alten (Manufaktur-)gewerbe: Rechnet man aus dem Wirtschaftsbereich Industrie/Gewerbe den Anteil der Erwerbstätigen der Manufakturen des Tabak- und Zigarrengewerbes (= Nahrungs- und Genussmittel) heraus, bleibt nicht mehr viel Gewerbe übrig. In Östringen war fast die Hälfte der Erwerbstätigen des sekundären Sektors im Nahrungs- und Genußmittelgewerbe, d.h. wesentlich in der Zigarrenfabrikation, tätig (23,6% von 48,1%). Und in Waghäusl/Wiesental waren ohne Nahrungs- und Genußmittel nur noch 4,1% der Erwerbstätigen im restlichen Handwerk tätig. Der Bezirk Bruchsal dagegen zeigt Ansätze zu einer echten Industrialisierung. Nur noch 8,5% der Erwerbstätigen waren in Tabak- und Zigarrenmanufakturen tätig (Östringen 23,6%, Waghäusl/Wiesental 18,1%). Schaut man dazu auf den Anteil des tertiären Sektors (Handel, Verkehr, Dienstleistungen 18,8%), zeigt sich: die Wirtschaftsstruktur des Bezirks Bruchsal war auf dem Weg in die Moderne weiter fortgeschritten als in Östringen (Tertiärer Sektor 11%) bzw. Waghäusl/Wiesental (8,1%). Östringen und Waghäusl/Wiesental waren mit den hohen Erwerbstätigenanteilen im Nahrungs- und Genussmittelgewerbe sehr viel krisenanfälliger – in der Sprache des Bankwesens: ein Klumpenrisiko. Das sollte sich nach dem 1. Weltkrieg drastisch zeigen. Allerdings: Waghäusl/Wiesental hatte einen Bahnhof…

 

1895:  Industrie und Gewerbe in Baden und Württemberg (Ausschnitt)

Q: https://www.leo-bw.de/karte-vollbild/-/gisviewer-ex­pert/voll?_gisviewerexpertportlet_WAR_gisviewerportlet_map=DOP_1968

Die gelben Kreisanteile zeigen den  Anteil der Nahrungs- und Genussmittelerzeugung, d.h. im Wesentlichen der Tabak- und Zigarrenfabrikation, natürlich gehörte auch der Wein- und Obstanbau dazu.

 

 

[12]  Borchardt-Wenzel, S. 112ff.

[13]  Wehler, S. 549ff.

[14]  Bade, S. 74.

[15]  Waas, S. 44. Die Verlegung der Wasserleitungen dauerte  wohl mehr als 25 Jahr, Waas, S. 52.

[16]  Kirchner, S. 55. Neben dem Tabakanbau war auch der Hopfen ein profitables Handelsgewächs, vgl. für Graben Dussel, S. 239. Je nach Marktpreis wurde wechselnd Tabak oder Hopfen angebaut.

[17]  https://de.wikipedia.org/wiki/Badische_Hauptbahn#Bau_der_Strecke_Mannheim-Basel

[18]  https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fherzoglich_Badische_Staatseisenbahnen    

[19] https://de.wikipedia.org/wiki/Kraichgaubahn

[20]  https://de.wikipedia.org/wiki/Katzbachbahn

[21]  Waas, S. 56.

[22]  Waas, S. 343. Frühe  Versuche gaben es  in den  1860er Jahren, Brauch, S. 343.

[23]  Borchardt-Wenzel, S. 118. Details zur Struktur der Badischen Landwirtschaft bei Gensewich, S. 171ff.

[24]  Ausführlich zu Leon-Rot Pich, S. 49ff.

[25]  Zu den Gesundheitsproblemen in der Zigarrenindustrie, insbesondere der Tuberkulose s. Gensewich, S. 231ff.

[26]  Die daraus entstehenden Konflikte mit Kirche und Ortsobrigkeit schildert Brauch, S. 311.

[27]  Gensewich, S. 137f.

[28]  Zitiert nach Pich, S. 67f. für Wiesloch.

[29]  Hofmann, S. 162ff. Gensewich, S. 1716ff, beschreibt die Wechselwirkung von landwirtschaftlichen Klein- und Zwergbetrieben auf die Arbeitsformen und die Arbeitsteilung, Die landwirtschaftliche Ertragslage ebda, S. 185ff.

[30]  Details zur Arbeitsteilung bei Gensewich, z.B. S. 141.

[31]  Brauch, S. 312, eigene Berechnungen.

[32]  Waas, S. 66. Details bei Brauch, S. 309ff.

 

Der Erste Weltkrieg: Der Anfang vom Ende

Der 1. Weltkrieg beendete den Wirtschaftsaufschwung und die Ansätze zur Modernisierung der Infrastruktur in Östringen. Die Kriegswirtschaft der Jahre 1914-1918 verschleierte zudem die wirtschaftlichen Strukturprobleme. Die finanziellen Ressourcen der Gemeinde wurden nicht mehr in Infrastrukturverbesserungen investiert, sondern dienten zur Linderung von Kriegsfolgen. 1914 bewilligte der Gemeinderat 20.000 Mark für den Familienunterhalt der eingerückten Soldaten, davon 10.000 aus dem Sparkassenüberschuss.[33] Ab 1915 wurden kommunale wirtschaftliche Aktivitäten weitgehend eingestellt (Straßenbau, Schulbau, Eisenbahnanschluss, elektrische Leitungen, Wasser-/Abwasserleitungen). Die Kriegs- und Notwirtschaft erzwang Eingriffe der Verwaltung in die Lebensmittelversorgung und andere sozialpolitische Maßnahmen zur Unterstützung von älteren Arbeitslosen und Soldatenfamilien. Statt der eingerückten Soldaten mussten Kriegsgefangene in Landwirtschaft und Zigarrenproduktion arbeiten, die Produktivität litt. Das wirtschaftliche Leben der Gemeinde kam zum Stillstand.[34]

Der verlorene Krieg, der Versailler Friedensvertrag, drastische Reparationen, Gebietsabtretungen, Verlust von Zigarren-Absatzmärkten (Ostmark), die Hyperinflation (1918/19-1923) und die zu ihrer Bekämpfung u.a. eingeführte Tabaksteuer 1921[35] führte die Tabak- und Zigarrenfabrikation in eine Übergangskrise.[36] Entlassungen der Großbetriebe versuchte man durch Gründung von kleineren Betrieben zu kompensieren, die Heimarbeit nahm zu. Clevere Heimarbeiter „streckten“ die von den Fabriken bezogenen Tabakkontingente, z.B. mit Laub und verkauften die ausgesparten Zigarren auf eigene Rechnung, d.h. ohne Banderolensteuer. Die Qualität der Östringer Rauchwaren verschlechterte sich.

Mit Einführung der Rentenmark und den folgenden „goldenen Zwanziger Jahren“ (1924-1929) erlebte die Tabak- und Zigarrenfabrikation des Ortes eine neue Blütezeit – es war eine kurze Scheinblüte. Immerhin, erste Busverbindungen nach Bruchsal bzw. den Bahnhöfen verbesserten die Chance auf industrielle Arbeitsplätze. Im Hintergrund verstärkten sich allerdings die Zeichen des Niedergangs: Zigaretten setzten sich immer mehr durch, Zigarren galten, auch aufgrund ihres Preises, als veraltetes Statussymbol. Zigarren rauchende Frauen hatten in der öffentlichen Meinung etwas Frivoles, kamen als neue Zielgruppe nicht infrage. Anders die Zigarette; sie zu rauchen wurde in der Weimarer Republik ebenso zum Symbol weiblicher Emanzipation (Zigarettenspitze) wie  Bubi-Kopf  und Charleston-Kleid. Zigaretten ließen sich einfacher maschinell herstellen, sie waren leichter transportierbar als Zigarren oder Tabakpfeifen. Auch der Kaiser rauchte Zigarette – jetzt im Exil in Holland -, Soldaten waren sie ohnehin aus dem Krieg gewohnt. Das Zigarettenetui avancierte zum Prestigeprodukt, ähnlich wie vordem die Schnupftabakdose. Die Zigarette stand für Weltläufigkeit und Eleganz, für Modernität. Die Zigarre wurde zum Symbol für Spießertum.[37]

Der Börsencrash von 1929 und die folgende Wirtschaftskrise brachten das Ende der großen und kleineren Zigarrenmanufakturen als Hauptbeschäftigungszweig der Östringer Bevölkerung. Auch die Nebengewerbe (Zigarrenkistenherstellung, Sortieren, Packen, Tabakfermentation) brachen weg. Den Preisverfall bei Rohstoffen versuchte man 1930 regierungsseitig per Gesetz mit einem Tabakmonopol und kontingentierten Anbauflächen zu verhindern – und machte alles nur noch schlimmer. Nebenerwerbslandwirte wurden benachteiligt. Viele Zigarrenmacher wollten sich durch Tabakanbau einen Nebenverdienst verschaffen und beantragten Anbauflächen. Dadurch reduzierte sich die Fläche pro Kopf weiter. Das Hauptzollamt in Heidelberg überwachte die zugeteilten Anbauflächen, deren Verteilung durch örtliche Pflanzerausschüsse vorgenommen wurde. Tabakpflanzer und Zigarrenproduzenten verlagerten unter dem wirtschaftlichen Druck ihre Aktivitäten. Es entwickelte sich eine ‘underground economy‘ – Waas spricht von „Zigarren- und Tabakschiebern“. Tabakstreckung, wie üblich z.B.  mit Laub, führte erneut zu Qualitätseinbußen. Der vor dem Krieg aufgrund seiner Qualität gern gekaufte Östringer Tabak, als „Pfälzertabak“ deklariert, kam in Verruf.[38] Die Heidelberger Kontrolleure ermittelten 1933 in Michelfeld 26 Pflanzer, die ihr Kontingent überschritten hatten; sie mussten ihre zu viel gesetzten Pflanzen beseitigen. Oder es wurde auf ihre Kosten durch das Bürgermeisteramt veranlasst.[39]

Der Verband der Zigarrenfabrikanten reagierte auf den Preisverfall wie üblich und kürzte die Löhne drastisch. Zwar hatte die Tabak- und Zigarrenherstellung in Baden eine gut hundertjährige Tradition. Aber die Zigarrenarbeiter, insbesondere die Arbeiterinnen - sie stellten die Mehrheit der Beschäftigten - waren trotz „fleissiger Akkordarbeit arme Schlucker geblieben.“[40] Ein gelernter Arbeiter verdiente pro Woche (45-50 Arbeitsstunden) in der Metaillindustrie ca. 40 Mark, in der Bauindustrie sogar 55-65 Mark. Der Lohn in der Zigarrenfertigung dagegen betrug zwischen 18 und 35 Mark, je nach Akkordleistung und Wickelkomplexität und das auch wohl nur in konjunkturell guten Jahren. Weibliche Arbeiterinnen verdienten in diesen Jahren 10-18 Mark. Bereits Anfang der 1920er Jahre waren die Löhne u.a. wegen der Tabaksteuer um 20% gekürzt worden. Die Tabaksteuer war zwar wieder reduziert worden, trotzdem wurden Anfang der 1930er Jahre die Löhne um weitere 18% reduziert – mit katastrophalen Folgen für die Arbeiter:innen - und die Gemeindefinanzen. Im Bezirk Bruchsal lag das Existenzminimum einer Familie (6 Personen, ohne erwerbstätige Kinder) in diesen Jahren bei 50-55 Mark pro Woche, die durchschnittlichen Wochenlöhne jedoch bei 27 Mark. Anders formuliert: es bedurfte bei Zigarrenfamilien mindestens zweier Einkommen, um zu überleben. Und wohl dem, der eine ausreichend große Parzelle Land besaß für den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten für ein Zusatzeinkommen, z.B. Hopfen und Zuckerrüben. Die meisten Tabakfamilien besaßen aber keine oder nur kleine Parzellen von weniger als 20ar. Der Bezirk Bruchsal gehörte zu denjenigen Bezirken in Baden mit dem geringsten Pro-Kopf-Verdiensten - wegen der weit verbreiteten Tabak- und Zigarrenfabrikation. Und trotz der sich entwickelnden Metall- und Elektroindustrie.

Die in diesen Jahren elenden Lebensverhältnisse der Östringer Tabakfamilien sind gekennzeichnet von engen, dunklen, oft feuchten, zugigen, im Winter kalten, insgesamt ungesunden Wohnverhältnissen: 1-2 Zimmer für 4-7 Personen. Den Familien geht es schlecht, dass Einkommen liegt unter dem Existenzminimum, trotzdem versuchen sie ihre Kinder vor allem durch Milch gesund zu ernähren. Salate, Kartoffeln und Gemüse kommen aus dem eigenen Garten, Rindfleisch, Brot und Kaffee gibt es nur selten bzw. an Wochenenden. Die Kleidung ist verschlissen, die Kinder tragen häufig geschenkte Kleider auf. Für kulturelle Ausgaben (z.B. Zeitungen) ist kein Geld vorhanden. Vor allem aber bedrückend wirkt die Aussichtslosigkeit; es gibt keine Chance auf Verbesserungen, die Männer leiden darunter, dass sie ihre Familien nicht ernähren können.

Die Maßnahmen der Reichsregierung, die Rücknahme der Tabaksteuer sowie die bisherigen Lohnkürzungen - es half alles nichts. Die Produktion brach mangels Tabak ein. Am Ende waren, so zitiert Waas die Ratsprotokolle, die großen Fabriken in Östringen überschuldet und wurden von ihren Inhabern liquidiert.[41] Auch der Verdienst in Heimarbeit reichte nicht mehr, um das Überleben der Familie zu sichern. 1930/31 gab es 800-1000 Arbeitslose, die meisten ehemalige Tabakarbeiter:innen. Das Arbeitslosengeld für Familienväter betrug 3-6 Mark pro Woche. Viele Fabrikgebäude gingen in das Eigentum der Hauptkreditgeber, der Gemeindesparkasse und der Volksbank Östringen über. Da sich keine Käufer für die Gebäude fanden, gerieten auch die Kreditinstitute an den Rand des Konkurses.

Der Ortsrat versuchte 1930 mit Notstandsarbeiten gegenzusteuern. Das Allmendgelände wurde entwässert, der Bau einer bereits geplanten Straße nach Odenheim (via Kuhngasse - Rotes Kreuz) wurde angegangen, gelang aber nur bis zum Gallusbildhäusl.

In dieser Situation forderten die Fabrikanten der noch arbeitenden Zigarrenfabriken eine weitere Lohnkürzung von 40% - im Jahr 1932. Die Reichstagswahlen im Juli dieses Jahres sollten die letzten freien Wahlen der Weimarer Republik werden.

 

[33]  Die Geschichte der Östringer Volksbank bzw. Sparkasse ist eine Forschungslücke.  Die von Waas zitierten Ratsprotokolle lassen vermuten, dass viele der örtlichen Infrastrukturinvestitionen vor allem durch die Überschüsse (oder Kredite?) der Institute möglich wurden. Die Geschichte der Grabener Sparkasse bei Dussel, S. 276ff.

[34]  Details bei Waas, S. 61, 67-69.

[35]  https://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/11a/feh/feh1p/kap1_2/kap2_209/para3_1.html

[36]  Brauch, S. 312.

[37]  Siehe: https://www.deutschlandfunk.de/kleine-kulturgeschichte-der-zigarette-wer-wird-denn-gleich-100.html; und: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Tabakkonsums

[38]  Waas, S. 64.

[39]  Kirchner, S. 3. Die Östringer Pflanzer dürften ähnlich gewirtschaftet haben.

[40]  Vgl. hierzu und zum folgenden Roth, Folge 41-46.

[41]  Lt. Waas waren die meisten Inhaber Juden. Bestätigt sind um 1900 dagegen nur 4 jüdische Zigarrenfabriken (von 8), s. https://www.alemannia-judaica.de/oestringen_synagoge.htm.   

 

Die Östringer Wirtschaft in der Nazi-Zeit

Zweifellos profitierte die NSDAP im Kraichgau wie auch in Östringen von der Arbeitslosigkeit der Tabakarbeiter:innen. Die Nazis erzielten in den Wahlen 1932 auch im Kraichgau Stimmengewinne.  Allerdings erreichte die NSDAP weder im Land Baden (37%) noch im Bezirk Bruchsal die absolute Mehrheit. In Bruchsal blieb sie mit 31,9% deutlich hinter dem katholischen Zentrum mit 39,3% zurück.[42]

Wie sich die Östringer Wähler 1932 entschieden haben bzw. wie es der NSDAP gelang, in Östringen trotz überwiegend katholischer Einwohner und politischer Vormacht des Zentrums das Bürgermeisteramt zu übernehmen, ist bisher nicht erforscht und bedarf der Aufarbeitung. Wie war es in anderen Orten der Region? Mit dem Ermächtigungsgesetz (23.3.1933) zerschlug die NSDAP den föderalen Aufbau des Reiches und schaltete alle politischen Ebenen gleich. Parteien wurden abgeschafft, die Länder zentralistisch organisiert.[43] Was das auf Gemeindeebene bedeutete, hat Konrad Dussel für Graben detailliert beschrieben. Gemeinderat und Bürgerausschuss mussten nach dem Ergebnis der Reichstagswahl vom 5. März 1933 neu gebildet werden. Letztendlich gab es nur noch NSDAP-Vertreter in den Gemeindegremien. Der Grabener Bürgermeister allerdings war formaljuristisch immer noch der 1927 gewählte DNVP-Vertreter. Um ihn loszuwerden zogen den gängigen Mittel nicht. Als DNVP-Mann war er des Marxismus und des Jüdischen unverdächtig. Also kündigte ihm der Gemeinderat die Zusammenarbeit auf. Heute würde man sagen, der Bürgermeister wurde massiv gemobbt. Schließlich trat er „freiwillig“ zurück. Der juristische Grabenkrieg darum zog sich bis Oktober 1935 hin – zu seinen Ungunsten. Die NSDAP-Vertreter wählten aber bereits im Oktober 1933 einen neuen NS-Bürgermeister.[44]

Im evangelischen Graben (über 90% der Bevölkerung waren evangelisch) hatten die rechtsnationalen und rechtsextremen Parteien (DVP, DNVP und NSDAP) deutlich mehr Stimmenenteile als im badischen Landesdurchschnitt. In Östringen mit seiner überwiegend katholischen Bevölkerung dagegen verfügte die Zentrumspartei zwar über einen  starken Rückhalt in der Bevölkerung. Das Ergebnis der politischen Gleichschaltung aber war hier wie in Graben: Der Östringer Bürgermeister Heinzmann „verzichtete“ auf sein Amt und wurde abgelöst durch den NS-Bürgermeister Philipp Schmidt.[45]

In den folgenden zwei Jahren gelang es Schmidt, durch Fortführung bereits begonnener und weitere neue Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Trotzdem waren Ende 1935, wie Schmidt in verschiedenen Schreiben anführte, noch immer um die 300-500 Zigarrenarbeiter ohne Beschäftigung. Ob dabei Frauen mitgezählt wurden, die die Masse der Zigarrenbeschäftigten stellten und – wenn verheiratet - häufig als erste entlassen wurden, ist nicht überliefert. In seinem Schreiben an die Tabaküberwachungsstelle Bremen (26. Okt. 1935) ist von mindestens 500 Arbeitslosen die Rede. Mit 25,9 Arbeitslosen auf 1000 Einwohner läge Östringen „um das Vierfache über dem Reichsdurchschnitt“. Von den einstmals 13 Fabriken arbeiteten 1935 noch fünf.  Interessant ist, dass diese fünf Firmen 1935 offenbar noch in jüdischem Besitz waren. Eine sechste Fabrik sollte wiedereröffnet werden, allerdings fehlten dafür 7000 kg Tabak. Schmidt beantragte dieses Kontingent bei der Tabaküberwachungsstelle Bremen; das Gesuch wurde abgelehnt. Diese Fabrik war von der DGEG übernommen worden. Schmidt bat die DGEG (gemeint ist wohl die GEG, die Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine m.b.H. in Hamburg) um auch politische Unterstützung für das zusätzliche Kontingent. Die GEG war von der NSDAP im Mai 1933, wie fast alle Vereine und Genossenschaften in Deutschland, gleichgeschaltet worden. Sie wurde von einem Gauinspektor geführt.  Schmidt bat bei der GEG um Unterstützung, weil  im Ort „die Sache wieder politisch ausgeschlachtet werden würde, denn die übrigen Firmen sind restlos jüdische Unternehmen, die weiter arbeiten können, während ein nationalsozialistischer Betrieb die Tore schließen muss.“  Was aus der Initiative Schmidts geworden ist, ist nicht überliefert. Brauch nennt für Ende der 1930er Jahre 1.000 Beschäftigte in vier großen Tabakfabriken, gibt aber keine Quelle für die Zahlen an. Dass es sich dabei auch um jüdische Firmen gehandelt hat, ist unwahrscheinlich.

Auch die von der NS-Reichsregierung bereitgestellten Mittel zum Wohnungsbau scheinen laut Waas nicht gewirkt zu haben, weil sie nicht oder zu spät abgerufen wurden. Der Abbau der Arbeitslosigkeit nach 1935 bis 1939 erfolgte dann auch in Östringen wohl über die bekannten Maßnahmen der Nationalsozialisten. Zum einen der massive, bereits in den Weimarer Jahren begonnene Straßen- und Autobahnbau, hier die Autobahn Heidelberg – Pforzheim. Und, zum anderen, ab 1936/37, der Bau des Westwalls. Die dienstverpflichteten Männer wurden per Omnibus zu den Baustellen transportiert. Beim Bau des Westwalls waren die Arbeiter dagegen wochenlang in Baracken des Reichsarbeitsdienstes (RAD) untergebracht.[46] Schließlich trug auch die Wiederaufrüstung und Vergrößerung der Wehrmacht zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit bei.

Für die in der näheren Umgebung stattfindenden Arbeiten, wurde in Odenheim ein Lager des in der Weimarer Zeit gegründeten freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) vom RAD über­nommen. Das Lager wurde ausgebaut, bis Kriegsbeginn waren hier ca. 1000 Dienstmän­ner kaserniert. Beim FAD hatten Ende der 1920er Jahre arbeitslose Männer für einen geringen Tageslohn von 0,50 RM und ein warmes Essen Beschäftigung gefunden bei lokalen Notstandsarbeiten, z.B. dem Schwimmbadbau, beim Wegebau, bei Meliorations­arbeiten im Ulrichsbruch, Lipp, Breiloch, Talsbach  usw.  Auch der FAD war im Rahmen der NS-Gleichschaltungspolitik  ab 1933 zwangsweise vom RAD übernommen und zu einer paramilitärischen Organisation umgebaut worden. Aus der Freiwilligkeit wurde ein Pflichtdienst, ab Kriegsbeginn auch für Frauen.[47] Die Einsatzplanung wurde zentral organisiert. Zusammen mit der Landessiedlungsgesellschaft Karlsruhe wurden bäuerliche Siedlungen auf dem Schindelberg angelegt und eine Straße von Odenheim zum Schindel­berg gelegt. Östringen musste 60 ha Gemeindewald und Almendfelder abtreten. Als Kompensation hatte Bürgermeister Schmidt den Ausbau der Straße Odenheim – Schin­delberg bis nach Östringen verhandelt sowie die Zuweisung von Gelände für Aussiedler­höfe. Die Entschädigung blieb aus. Die Eingemeindung der Schindelberg-Siedlung mitsamt Kurhaus nach Odenheim war ein weiterer Schlag für Östringen.[48]

Wie war es der NSDAP möglich, eine derart rigorose Beschäftigungs- und vor allem Aufrüstungspolitik zu finanzieren? Anders als die Weimarer Regierungen agierte die Partei  völlig skrupellos. Preisvorgaben und -kontrollen sollten eine neue Inflation verhindern. Um die Stabilität der Reichsmark international nicht zu gefährden, wurden die durch Arbeits­beschaffung, Straßen- und Wohnungsbau sowie Wiederaufrüstung entstandenen massi­ven Haushaltsdefizite durch Zwangskredite bei der Reichsbank, durch Enteignung jüdi­schen Vermögens, Schaffung von Schattenhaushalten (sog. Mefo-Wechsel)[49] sowie durch die Beschlagnahme der Goldreserven der Nationalbanken der besetzten und angeschlos­senen Länder (Österreich im März 1938, das Sudetenland im September 1938, die Resttschechei 1939) gestützt. Die NS-Planwirtschaft führte dazu, dass das Reich ab Mitte der 1930er Jahre international zahlungsunfähig war. Die kriminellen Finanzierungsprakti­ken wurden ab 1935 kaschiert durch das Verbot, den Reichshaushalt zu veröffentlichen. Mit anderen Worten: Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, der vermeintliche Wirtschafts­aufschwung unter den Nazis wurde möglich durch eine Kriegsvorbereitungs-Finanzierung. Und mit Kriegsbeginn 1939 folgte die Ausbeutung der finanziellen und menschlichen Ressourcen der besetzten Länder. Die im Kriegseinsatz befindlichen Soldaten wurden ersetzt durch millionen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene,  damals nannte man sie „Ost- oder Fremdarbeiter“, in Östringen z.B. auf dem Stifterhof.[50]  Sie mussten für die Landwirtschaft und Rüstungsindustrie arbeiten. Dagegen wurden laufende Arbeitsbe­schaffungsmaßnahmen im Ort mit Kriegsbeginn eingestellt, z.B. der Wohnungsbau im Huwinkel. Dessen Gelände hatte die Pflege Schönau, um der Enteignung zu entgehen, wie üblich zwangsabtreten müssen.

Alle Maßnahmen der Nazis änderten nichts daran und Kriegswirtschaft während des 2. Weltkriegs verdeckte einmal mehr das Struktur­problem der Östringer Wirtschaft. Der Ort blieb „ein Agrardorf mit acht kleineren Filialfabriken, in denen vor allem weibliche Arbeitskräfte einen Nebenverdienst erzielten. Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben waren die Haupterzeugnisse. Der Weinbau erfolgte so nebenbei… Für die männliche heranwachsende Jugend eröffneten sich beim RAD, bei der Wehrmacht, bei der Polizei, in den Parteiorganisationen gehobene Berufschancen als Unterführer und Offiziere“ – wenn sie denn den Krieg überlebten.[51]

 

[42]  Quelle: Reichstagswahl am 31. Juli 1932 in Baden. Übersichten der Abstimmungsergebnisse nach Gemeinden, Amtsbezirken, Landeskommissärbezirken und für das Land Baden (32. Reichstagswahlkreis), Karlsruhe 1932, S. 2-39.

[43]  Zu Baden-Württemberg vgl. https://ns-ministerien-bw.de/2014/12/anfaenge-und-aufstieg-der-nsdap-in-baden/.

[44]  Dussel, S. 134ff.

[45]  Brauch geht auf die Machtübernahme der Nazis in Östringen nur allgemein und in einem (!) Satz ein (S. 368): „Auch die Östringer  wurden zum großen Teil von diesem Rausch (zugunsten der NSDAP, HBM) erfasst,...“. Um dann gleich auf den Widerstand zu sprechen zu kommen (S. 368): „ Auch unter den Östringer Bürgern gab es heimliche Widerstandskämpfer, …“. Und referiert dann ausführlich über den NS-Unterdrückungsapparat und seine Umsetzung. Letztlich seien die „deutschen und jüdischen Widerstandsgruppen“ erfolglos geblieben, weil sie „nicht die Hilfe des Auslandes“ gefunden hätten, S. 368f.  Die Rolle des kommunistischen Widerstandes wird unterschlagen. Insgesamt eine  typische Verdrängungs- und Persilschein-Sichtweise der 1950er Jahre, die die NS-Forschung schon in den 1970er Jahren vielfach widerlegt hat.

[46]  Details bei Brauch, S. 370.

[47]  Anschaulich und mit vielen Details zur Geschichte des RAD-Lagers  s.  Heimatkundlicher Arbeitskreis Odenheim (Hg): Da Linsabauch, Nr. 8/1990, Nr. 28/2010. Das Gesetz zur Arbeitsbeschaffung bestimmte die Wahl des Arbeitsplatzes, Brauch, S. 370. Allgemein: https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsarbeitsdienst.

[48]  Waas, S. 70, Brauch, S. 371.

[49]  https://de.wikipedia.org/wiki/Mefo-Wechsel. Später wurde die Reichsbank Hitler direkt unterstellt und musste Kredite in beliebiger Höhe bewilligen.

[50]  https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_im_Nationalsozialismus. Für den Stifterhof  vgl. Emmerich.

[51]  Brauch, S. 372.

 

Die Nachkriegszeit: Agonie statt Wirtschaftwunder

Im September 1963 wurde in Östringen und Umgebung eine Feldstudie durchgeführt. Auftraggeber war die Firma BNS (British Nylon Spinners). Befragt wurden 1.300 ausge­wählten Personen zwischen 20 und 50 Jahren sowie über 80 Bürgermeister, Pfarrer und Pastoren. Ziel der Umfrage durch das DIVO-Institut in Frankfurt war, „to bring to light some of the most vital characteristics of the male labour force structure in an area, which was .. selected as a suitable … location for a BNS plant in Germany.“[52]

Das Ergebnis dürfte die Entscheidung für Östringen als Standort gebracht haben. Die Umfrageergebnisse zeigen nicht nur, warum Östringen zu den Anforderungen der BNS „passte“, sondern auch, dass in der Wirtschaft des Ortes wie auch der Umgebung nach 1945 kein nachhaltiger Strukturwandel zu einer modernen Industrie- und Dienstleistungs­wirtschaft stattgefunden hatte. Der vordere Kraichgau war ein Niedriglohngebiet geblieben.

Nach dem Zusammenbruch 1945 beschlagnahmte die französische Besatzungsmacht die Tabak- und Zigarrenlager, soweit sie nicht von den befreiten Zwangsarbeitern und Kriegs­gefangenen geplündert worden waren. Produziert werden durfte anfangs nur für die Besatzungsmacht.  Erst mit der Übergabe der Besatzung an die US-Armee im Juli 1945 besserte sich die Lage; die Kommunalverwaltungen bis Kreisebene nahmen nach und nach ihre Tätigkeit wieder auf. Arbeit auf den Feldern außerhalb der Orte wurde, vor allem für Frauen, wieder möglich ohne Gefahr von (sexuellen) Übergriffen durch Soldaten und Zwangsarbeiter. Der Schwarzmarkt blühte auch in  Östringen - und verschaffte den Zigarrenmachern Einkünfte, so denn noch Tabakvorräte vorhanden waren. Der Tabakan­bau reichte nicht für eine nennenswerte Zigarrenproduktion. Mit Ankunft der Vertriebenen und  Flüchtlinge (über 800 Personen) wurden einige Zigarrenfabriken zur Notunterkunft. Nach der Währungsreform 1948 und mit Einführung der D-Mark verbesserten sich die Marktaussichten. Östringen verlor zwar seine Reichsmark-Guthaben – aber auch die durch den aufgeblähten Sozialhaushalt hohen Reichsmark-Schulden.  Auch dieser Krieg hatte, wie schon der 1. Weltkrieg, die Verbrauchergewohnheiten stark verändert: die Zigarette avancierte vor der Währungsreform zur Ersatzwährung der wertlosen Reichs­mark und verdrängte auch nach der Währungsreform die Zigarre.  Zwar waren die Schaufenster wieder voll, aber die Löhne waren gering und die Lebenshaltungskosten hoch. Zigaretten waren für den Normalverdiener eher erschwinglich als die teuren Zigar­ren.[53] Die Arbeitslosigkeit blieb, insbesondere unter den Vertriebenen und Flüchtlingen, katastrophal hoch. Mit Beginn des Kalten Krieges wurden im Rahmen des Marschallplans seit Frühjahr 1948 ERP-Mittel (ERP: European Recovery Programm) für Deutschland wie den übrigen Westeuropäischen Ländern  bereitgestellt. Die Höhe der ERP Mittel wird häufig überschätzt. Westeuropa erhielt bis 1952 ca. 12,4 Mrd. US$, davon Westdeutsch­land  1,4 Mrd. US-$. Der für Westdeutschland im Rahmen der Währungsreform im Juni 1948 von einem jungen US-Leutnant[54] festgelegte Umrechnungskurs Dollar zu D-Mark von 1 Dollar zu 4,20 D-Mark machten daraus ca. 5,6 Mrd. DM. Dieses Geld wurde nicht ausgezahlt, sondern diente als Sondervermögen der 1948 gegründeten Kreditanstalt für Wiederaufbau als Bürgschaften für Bankkredite. Die ERP-Mittel wirkten dadurch wie ein Katalysator für weit höhere Bankkredite, zumal die Bundesrepublik später weitere Staats­bürgschaften bereitstellte. Die ERP-Mittel hatten neben der rein finanztechnischen vor allem aber eine psychologische Wirkung: Die Deutschen fassten wieder Mut, es gab eine Zukunfts-perspektive. Aber sie besiegelten auch die deutsche Teilung, der Kalte Krieg begann mit der Berlin-Blockade.[55]

Im Kreis Bruchsal wurde 1949 ein Wiederaufbau- und Arbeitsbeschaffungsprogramm aufgesetzt. Ziel war insbesondere die Fortsetzung des wirtschaftlichen Strukturwandels durch den Aufbau zukunftssicherer Industriebetriebe. Dank dieser Maßnahmen gelang es, im Kreis Betriebe der Metall-, Elektro- und Textilindustrie anzusiedeln. Und Östringen? Die Ortsverwaltung ging erneut das Thema „Schwefelquellen“ an, gründete eine Bad-GmbH und ließ Probebohren. Das Gutachten zur Wasserqualität war positiv, auch die Menge an Quellwasser war ausreichend. Nicht ausreichend war allerdings die Bereitschaft der Östringer Geschäftswelt, ins unternehmerische Risiko zu gehen. Die kalkulierten Investiti­onen von 400.000 DM für ein Schwefelbad mit Gebäude schienen zu hoch. Hier machte sich das Fehlen größerer Ortsansässiger Unternehmen bemerkbar. Zur Erinnerung: die Eigentümer der Zigarrenfabriken waren ortsfremde Unternehmer, die Fabriken wurden betrieben wegen der billigen, v.a. weiblichen Arbeitskräfte in den Kraichgaugemeinden. Und eine staatliche Anschubfinanzierung war offenbar nicht verfügbar.[56] Wie auch immer, für Östringen war diese Chance Anfang der 1950er Jahre vorbei – Bad Schönborn hat sie genutzt.

Die Tabakindustrie dagegen stagnierte nach wie vor. Hohe Tabaksteuern und die Le­benshaltungskosten wurden als Hauptursache für die Stagnation angesehen. Dann kam 1952: Der Blauschimmel vernichtete fast die gesamte Tabakernte. In den Folgejahren ging der Anbau rapide zurück. Die Arbeitskräfte wechselten in die neuen Industrien, hier war die Bezahlung besser.[57]  Bei einer Kreisbereisung des Landrates 1954 – Zigarrenfabriken wurden nicht mehr besucht - befand Landrat Huber die Wirtschaft des Kreises in einer ausgewo­genen Verfassung. Das mag mit Blick auf die Kreisebene zutreffend gewesen sein, für Östringen galt das nicht: Anfang der 1960er Jahre war der „Traum vom Zigarrengold .. ausge­träumt“.[58] Der Ort war zum Auspendlerort geworden. 1953 gab es 729 Auspendler, 1963 über 1.000, viele davon vermutlich Vertriebene und Flüchtlinge.  Gependelt wurde mit Linien­bussen, örtlichen Busunternehmen und der Bundesbahn.  Ziel waren Arbeitsplätze in der gesamten Umgebung, vor allem in Bruchsal, Heidelberg, Mannheim, Langenbrücken und Karlsruhe.  Die neuen Verkehrsverbindungen machten es möglich, wie die Tabelle zeigt. Der positive Pendlersaldo von Waghäusl dürfte, ohne auf Details einzugehen, wesentlich auf die Zuckerfabrik zurückzuführen sein.

 

Pendlerzahlen (Erwerbspersonen/EP) 1960/61 im Orts-/Kreisvergleich

  

Quelle:  siehe Anhang Statistiken 1960/61, eigene Berechnungen.
Saldo: Minuszeichen = Auspendler überwiegen.
Ein Vergleich mit 1895 ist nicht möglich, die Statistik gibt keine Pendlerzahlen an.

 

Östringen selbst war, wie Brauch es ausdrückt, „ein Agrardorf geblieben“.[59] Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt eine Zusammenstellung von Bürgermeister Bender von 1956/57. Die meisten (Handwerks-)Betriebe und Geschäfte hatten höchstens vier Mitar­beiter,  nur wenige mehr, aber nicht mehr als 7. Nur in der Bauwirtschaft finden sich 5 Firmen mit 10-50 Beschäftigen, insgesamt 120 Beschäftigte.[60] Brauch resümierte: Die Wirtschafts­wunderjahre waren „ohne große Resonanz an Östringen vorübergezogen. Bis 1959 war Östringen eine auf allen Gebieten stagnierende Gemeinde…“[61] 

Dieser Eindruck wird präzisiert durch die Erwerbspersonenanteile in den Wirtschaftssektoren. Östringen hatte einerseits einen über dem Kreisdurchschnitt (56,4%) liegenden EP-Anteil im Industriellen Sektor (66,8%). Davon aber waren 33,5% Auspendler. Anders formuliert: ohne Auspendler waren nur 33,3% der Östringer Erwerbspersonen im Indu-striellen Sektor beschäftigt. Diese Konstellation zeigt, Östringen war gegenüber Waghäusl/Wiesental (39,8% ohne Auspendler) und im Kreisvergleich Bruchsal (42,3% ohne Auspendler) gewerblich-industriell zurückgeblieben.


1960/61: Erwerbspersonen (EP) nach Wirtschaftsbereichen im Orts- und Kreisvergleich (Aus-/Einpendler)

 

Quelle: Siehe Anhang Statistik 1960/61 sowie eigene Berechnungen (Pendler).
EP = Erwerbspersonen (alle Erwerbsfähigen zwischen 15 und 65 Jahren).
Wag/Wies = die Zahlen für Waghäusl und Wiesental wurden addiert.

 

Das gilt auch für die zunehmende Sektorenverschiebung in Richtung Handel, Verkehr, Dienstleistungen. Auch dieser Sektor, der in den kommenden Jahrzehnten zum Leitsektor einer sich modernisierenden Volkswirtschaft werden sollte, war in Östringen geringer ausgeprägt. Daran änderte sich in den nächsten Jahren nichts: Die DIVO-Studie von 1963 konstatierte für den gesamten Kraichgau eine industrielle Unterentwicklung. Es war auch nach 1945 nicht möglich gewesen, die industriellen Defizite auszugleichen. Die Wirtschaftswunderjahre hatten weder in Östringen noch anderen Kraichgau-Orten eine nachhaltige struktu­relle Modernisierung gebracht. Um die 30.000 Arbeitnehmer der Region pendelten nach Sinsheim, Bruchsal und Heidelberg.

Für Östringen werden nur Firmen in der Sparte Textilindustrie (210 Beschäftigte) und Tabak/Zigarren angeführt. Wobei letztere noch 280 Beschäftigte hatten.[62] Über 60% der Beschäftigten war unzufrieden mit der Bezahlung, und die Bereitschaft zu BNS zu wech­seln war hoch, auch bei den Beschäftigten der größeren Unternehmen. Die Erwartungen an die BNS waren deutlich: bessere Bezahlung als die in Östringen bisher üblichen 3-4 DM pro Stunde (für ca. 80% der Beschäftigten), bessere Aufstiegschancen und generell besseres berufliches Vorankommen – ein „new chance in life“.[63]

Im Ergebnis gab es für die BNS ein Arbeitskräftereservoir von hochgerechnet ca. 10.000 Personen, von denen mehr als die Hälfte zwischen 20 und 30 Jahren alt war sowie, vor allem, 50% eine Ausbildung hatten bzw. Handwerker waren. Die handwerkliche Ge­schicklichkeit, über Generationen trainiert und tradiert in der Zigarrenherstellung, tat ein Übriges.[64] Und als auch die Bedenken der Pfarrer und Pastoren wegen Sonntagsarbeit ausgeräumt werden konnten, und die befragten Bürgermeister der umliegenden Orte eine Ansiedlung begrüßten, konnten Bürgermeister Kimling und der Ortsrat die vertraglichen Dinge regeln. Bedenken einiger örtlicher Kleinbetriebe, wegen der Konkurrenz um Arbeitskräfte blieben unberücksichtigt. Bereits im Herbst 1963 begannen die Bauarbeiten. Die Disruption nahm ihren Lauf. In wenigen Jahren wurde Östringen zum Industrie- und vom Aus- zum Einpendlerort.

 

[52]  DIVO, Part I, Introduction.

[53]  Roth, Folge 61.

[54]  Edward A. Tenenbaum war Wirtschaftberater im Stab des US-Militärgouverneurs und betreute das geheime Konklave in Rothwesten bei Kassel. Hier wurde der Ablauf der Währungsreform im Frühjahr 1948 von deutschen Währungs- und Finanzexperten – Ludwig Erhardt war nicht darunter - geplant. Tenenbaum hielt sich allerdings weniger an die Vorgaben der deutschen Experten, sondern hatte eigene Vorstellungen – sehr zum Verdruss der deutschen Experten. Er gab der neuen Währung den Namen Deutsche Mark (D-Mark) und legte den Umrechnungskurs von DM 4,20 zu einem Dollar fest – gegen den scharfen Protest der Franzosen, die einen höheren Kurs wollten, um den Franken wettbewerbsfähiger zu machen. Details bei Brackmann: https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/deutsche-mark-70-jahre-waehrungsreform-vom-totalen-krieg-zum-wirtschaftswunder/22709622.html?ticket=ST-5512849-t5i3f4FKpmrxvQAbT2de-ap3

[55]  Jähner, S. 253ff.

[56]  Brauch, S. 384f. Welche Versuche hierzu unternommen wurden, ist nicht bekannt bzw. untersucht worden.  Ein interessantes Thema.

[57]  Brauch, S. 278.

[58]  ICI-Spiegel, 1991.

[59]  Brauch, S. 383.

[60]  Bender, S. 248ff.

[61]  Brauch, S. 392.

[62]  DIVO, Part I/II, S. 10.

[63]  DIVO, Part I/II, S. IV.

[64]  DIVO, Part I/II, S. IIIf.

 

Anhang

 

Tabelle Bevölkerungsentwicklung

 

  

Literatur, Zeitungen, Zeitschriften, Internet-Links

Bade, Klaus J. (Hg.):
Auswanderer, Wanderarbeiter, Gastarbeiter, 2 Bände, Ostfildern 1984, hier: Bd. 1 (Sektion Bevölkerung),  S. 73-78. 

Borchardt-Wenzel, Annette:
Kleine Geschichte Badens, Regensburg 2011.

Brackmann, Michael: 
Vom totalen Krieg zum Wirtschaftswunder. Die Vorgeschichte der westdeutschen Wäh­rungsreform 1948, (o.O.) 1993.

Ders.:
 https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/deutsche-mark-70-jahre-waehrung­sreform-vom-totalen-krieg-zum-wirtschaftswunder/22709622.html?ticket=ST-5512849-t5i3f4FKpmrxvQAbT2de-ap3

Brauch, Theodor:
Östringen. Geschichte einer Stadt, Östringen 1982.

Dussel, Konrad:
Graben. Vom Bauerndorf zur modernen Industriegemeinde, Ubstadt-Weiher 2006.

Gensewich, Irmtraud: Die Tabakarabeiterin in Baden 1870-1914, Diss. München 1985.

Hofmann, Hildegard:
Die agrarische Existenzgrundlage und die Industrialisierung der Bevölkerung im Amtsbe­zirk Bruchsal, Diss., Heidelberg 1930.

ICI-Spiegel,  o.O. (Östringen), o.J. (1991).

Jähner, Harald:
Wolfszeit. Deutschland und die Deutschen 1945 – 1955. Hamburg, 3. Aufl. 2021.

Kirchner, Peter:
Der Wandel und Niedergang des Tabakanbaus im nördlichen Kraichgau am Beispiel der Tabakgemeinde Angelbachtal, in: Heimatverein Kraichgau (Hg.): Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung, Bd. 22/2011, S. 55-71.

Marschalck, Peter:
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1850-1980: Entwicklungslinien und For­schungsprobleme, in: Bade (Hg.):  Auswanderer, Wanderarbeiter, Gastarbeiter, 2 Bände, Bd. 1,  Ostfildern 1984, S. 78-106.

Pich, Sabine: Zwischen Fabrik und Feldarbeit. Tabakanbau und Zigarrenindustrie in der Geschichte von St. Leon-Rot, Ubstadt-Weiher 1991.

RAD-Lager:  
Heimatkundlicher Arbeitskreis Odenheim (Hg): Da Linsabauch, Nr. 8/1990;  Nr. 28/2010.

Roth, Albert:
Chronik der Tabakverarbeitung Nr. 41-44, 52, 61, in: Bruchsaler Kurier, verschiedene Ausgaben,  Juni-August 1990.

Wandel, Eckhard:
Die Entstehung der Bank deutscher Länder und die deutsche Währungsreform 1948, Frankfurt  1980.

Wehler, Hans-Ulrich:
Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3 (1849-1914), München 1995.

 

Quellen

Bender,  Ferdinand:
Zusammenstellung von Betrieben, Geschäften und anderen Wirtschaftsdaten, masch. Manuskript Heimatmuseum Östringen, o. J. (1956/57), hier S. 245-252.

DIVO (Hg.):
BNS in Germany, Part I-IV, Franfurt/Main. o.J. (1963),  masch. Manuskript Heimatmuseum Östringen. (DIVO: Institut für Wirtschaftsforschung, Sozialforschung und angewandte Mathematik, Frankfurt am Main).

Emmerich, Kurt:
Das ehemalig Benediktinerkloster Wigoldesberg, später Stift Odenheim, der heutige Stifterhof, im Jahre 1945 eine russische Kolonie, masch. Manuskript, o.O., o.J. Heimatmuseum Östringen.

Schmidt, Philipp (Bürgermeister 1933-1942):
Bürgermeisteramt Östringen - Schreiben vom v. 26.10.1935, und 29.11.1935, Kopie masch., Heimatmuseum Östringen.

Waas, Rudi:
Ortschronik der Gemeinde Östringen. Aufzeichnungen aus den Gemeinderatsbeschlüssen, masch. Manuskript im Heimatmuseum Östringen, o.J. (1950).

 

Statistiken

1895:
Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Baden, hg. v. Stat. Landesamt, Neue Folge, Neuntes Heft (55. Heft), Karlsruhe o.J. (1895?): Berufszählung v. 14.06.1895.

1939:
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hg.): Badische Gemeindestatistik, Bd. 1939, Karlsruhe 1943, S. 72ff.

1950:
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hg.): Gemeindestatistik Baden-Württemberg 1960/61, Stuttgart 1964, S. 68ff., 153.

1960/61:
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hg.): Gemeindestatistik Baden-Württemberg 1960/61, Teil 1, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Stuttgart 1964, S. 68-69.  (= Statistik von Baden-Württemberg, Band 90)

1965:
Innenministerium Baden-Württemberg (Hg.): Die Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs in Wort und Zahl, Heft 25: Landkreis Bruchsal, Stuttgart 1966, S. 24f.