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Der Kraichgau und sein Name

 Den Kraichgau als regionale Einheit eindeutig einzugrenzen, ist gar nicht so einfach. Der Geologe tut sich da zwar zunächst leicht, wenn er im Westen die deutlich in Erscheinung tretende Geländestufe hinab zur Oberrheinebene entlang der Hauptverwerfung des Grabenbruchs als Grenzlinie nimmt. Im Norden und Süden hilft das Auftreten von Bundsandstein als Abgrenzung zu Odenwald und Schwarzwald. Im Osten ist es ähnlich wie im Westen eine signifikante Geländestufe, nämlich der Abhang ins Neckartal. Im Südosten hilft ebenfalls eine Geländestufe, diesmal nicht abwärts, sondern hinauf zum langestreckten Schilfsandsteinrücken des Heuchelbergs, der sich von Leingarten im Osten, vorbei an Eppingen bis nach Oberderdingen zieht. Die Grenze zum nach Südosten anschließenden Enzgau erschließt sich dagegen nicht auf Anhieb. Man könnte eine Linie von Knittlingen nach Süden zum Rand des Enztals ziehen und damit die Ausläufer des Strombergs als Abgrenzung akzeptieren, was die Orte Ölbronn, Dürrn und Kieselbronn einbeziehen würde. Allerdings würde dabei die historische und raumordnerische Zuordnung dieser Gemeinden zu den zentralen Orten Mühlacker und Pforzheim im Enzgau außer Acht gelassen.

Überhaupt weicht der historische Kraichgaubegriff vom geologisch – geographischen Landschaftsbegriff ziemlich ab. Ausgehend von fränkischen Gaugrafschaften, den Pagi unter König Chlodwig und seinen Nachfolgern, war das landschaftlich abgrenzbare Gebiet des Kraichgaus in die Gaue Pfinzgau, Elsenzgau, Gartachgau, Zabergäu, Lobdengau und eben den Kraichgau aufgeteilt. Bis auf den Lobdengau, der von Ladenburg ausgehend bis über Wiesloch hinaus nach Süden reichte, orientierten sich alle diese fränkischen Verwaltungsbezirke geographisch am Einzugsgebiet von größeren Fließgewässern in der Region. Der Begriff Gau war dabei nicht nur der Funktion als Herrschaftsgebiet vorbehalten, sondern bezeichnete als Naturraum fruchtbares Land mit guten Böden und ausreichend Wasser. Dies trifft auf die genannten Gaue in besonderem Maße zu, sind sie doch durch den Löss und das milde Klima für den Acker-, den Obst- und den Weinbau geradezu prädestiniert. Im 10. und 11. Jahrhundert verschwanden die Namen der verschiedenen Gaue nach und nach aus den Urkunden und Aufzeichnungen, wohl weil sie oft von ein und demselben Grafen verwaltet wurden. Der Name Kraichgau aber blieb und schloss künftig die anderen Gaue mit ein. Diesen „großen Kraichgau“ unter Einbeziehung von Heuchelberg und Zabergäu lobt der Theologe David Chyträus (1530-1600) in seiner Schrift „De Creichgoa oratio“ als wunderbare Landschaft und vor allem für die Frömmigkeit seiner rechtgläubigen, mehrheitlich protestantischen, Bevölkerung. Damit nimmt dieser historische Kraichgaubegriff ein doch erheblich größeres Areal ein als der auf geologisch/geographischen Befunden fußende Landschaftsbegriff.

Eine erste Erwähnung fand der Kraichgau im Codex des Klosters Lorsch im Jahre 769. In den Besitzverzeichnissen war von Orten die Rede, die im „pago Creichgowe“ liegen. Es gibt zwei plausible Deutungen für den Namen. So könnte sich „Creich“ oder „Craich“ von dem germanischen Begriff für krumm oder Krümmung herleiten lassen und somit ein langsam fließendes und mäandrierendes Gewässer beschreiben, oder aber er geht auf den Begriff „Kreuch“ für Lehm zurück. Letzterer würde auf die lehmigen Fluten hinweisen, welche die Bäche nach Starkregen wegen des zur Erosion neigenden Lösses regelmäßig bis heute führen.

 

Der Richtungspfeil führt sie zur Tafel 11, die sie nach ca. 200 m erreichen.

 

Literatur

Thomas Adam (2010) Kleine Geschichte des Kraichgaus